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Mythos und Geschichte im Bundesbriefmuseum Schwyz

Das wohl berühmteste Dokument der Schweiz liegt im Museum: der Bundesbrief von 1291

Mythos und Geschichte im Bundesbriefmuseum Schwyz

Der Bundesbrief von 1291 ist in Schwyz zu bestaunen. Bild: PD

Das Gebäude, in dem das Museum untergebracht ist, ist eigentlich selbst Teil der Ausstellung: Erbaut wurde es im Jahr 1936 und spiegelt unverkennbar den Geist der "Geistigen Landesverteidigung", der die Zeit des Zweiten Weltkriegs in der Schweiz prägte. Damals war das Bundesbriefmuseum noch ein nationaler Pilgerort, wo der Bundesbrief von 1291 als Gründungsurkunde auf dem "Altar des Vaterlandes" verehrt wurde.

Heute aber ist das Bundesbriefmuseum kein Ort der Verehrung mehr, sondern ein modernes Geschichtsmuseum, wo die ziemlich verblüffende Geschichte des Bundesbriefes von 1291 erzählt wird. Wussten Sie, was diese Urkunde mit unseren 1.-August-Feiern zu tun hat oder dass der Bundesbrief bis Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend unbekannt war?

Tell oder Bundesbrief?

In den Sockel der berühmten Tell-Statue in Altdorf eingemeisselt findet sich die Jahreszahl 1307. Dieses Datum galt Jahrhunderte lang als Gründungsdatum der Eidgenossenschaft. Doch das änderte sich im 19. Jahrhundert:

Der Bundesrat ernannte den bis dahin höchstens einer Handvoll Historikern bekannten Bundesbrief vom 1. August 1291 zur Gründungsurkunde. Gleichzeitig wurde beschlossen, am 1. August 1891 die 600-Jahr-Feier der Gründung der Eidgenossenschaft zu begehen - seither unser Nationalfeiertag. Danach galt der Bundesbrief von 1291 ganz offiziell als Gründungsurkunde und sein Datum als Gründung der Schweiz.

Geschichte oder Mythos?

Doch ist das tatsächlich so? Worum geht es in diesem Dokument eigentlich? Wer den Ausstellungssaal des Bundesbriefmuseums betritt, fühlt sich im ersten Moment an die Zeit der Geistigen Landesverteidigung erinnert:  Hohe, monumentale Säulen geben dem riesigen Raum eine fast sakrale Wirkung und ganz vorn, unter dem Wandbild des Rütlischwurs, liegt der Bundesbrief von 1291-am genau gleichen Ort wie bei der Eröffnung des Museums 1936, als man ihn auf den Altar des Vaterlandes gelegt hatte. Die einstige Inszenierung des Bundesbriefes kann so wieder erlebbar gemacht werden.

Doch was dann mit knappen, klaren Texten erklärt wird, hat mit der traditionellen Geschichtsschreibung der 1930er-Jahre nichts mehr zu tun: Die Inhalte sind alle auf dem neuesten Stand der Forschung. Schnell wird klar, dass der Bundesbrief von 1291 keine Gründungsurkunde ist, sondern ein sogenanntes Landfriedensbündnis. Ebenso klar wird auch die grosse Bedeutung, die dieses Dokument für die nationale Identität der Schweiz hatte - und bis heute hat. Das Zusammengehörigkeitsgefühl eines Landes besteht eben nicht nur aus Fakten, sondern wird auch von Mythen und gemeinsamen Geschichten geprägt. Dies wird im Bundesbriefmuseum deutlich. PD